Köln im Jahr 1927: Die britischen Besatzungstruppen hatten die Stadt verlassen. Der Straßenkarneval war zwar noch verboten, dennoch hieß es am 28. Februar: „Dr Zoch kütt!“ Erstmals nach 1914 fand wieder ein Rosenmontagszug statt. Der erste Weltkrieg und die darauf folgende Besatzung hatten eine zwölfjährige Pause für den Rosenmontagszug erzwungen. Offiziell hieß der Zug „Bunte Kappenfahrt“ und das Motto lautete „Aus der Neuen Zeit“ und war programmatisch. Die Besucher am Straßenrand jubelten dem Dreigestirn und nicht zuletzt auch der stolzen Altstädter Reitergruppe zu. Drei Jahre nach Gründung der Karnevalsgesellschaft „Fidele Altstädter“, heute „Altstädter Köln 1922 e. V.“, nahmen Reiter in ihren damals schon schmucken grün-roten Uniformen erstmals am Kölner Rosenmontagszug teil.
Aufgrund der geringen Größe der Reitergruppe war diese noch nicht wirklich selbstständig und organisiert, weshalb der damalige Präsident und Mitbegründer der Altstädter Servatius Jussenhoven deren Führung mit übernahm. Das änderte sich nach dem 2. Weltkrieg mit der Wiederbelebung des Kölner Karnevals und damit, dass Fritz Figge 1948 das Präsidentenamt der Altstädter übernahm. Fritz Figge war zuvor Vorstandsmitglied der Prinzen-Garde Köln von 1906 e.V. und Kürassier. So lag ihm als routinierter Reiter natürlich nichts näher, als umgehend ein organisiertes, berittenes Korps für die Altstädter Köln 1922 eV auf die Beine zu stellen. So nahm er 1949 im wahrsten Sinne des Wortes die Zügel in die Hand. Von 1970 an führte dann Heinz Ziskoven das Reiterkorps. Ab 1973, dem Beginn der Amtszeit von Rudolf Amm als Präsident der Altstädter, begann auch eine stärkere Verselbständigung der einzelnen Gesellschaftsgruppen. So die des Senats, des Tanzkorps und natürlich auch die des Reiterkorps, welches zu dieser Zeit von Rolf Bind als Reiterkorpskommandant angeführt wurde.
Durch die intensive Arbeit der Gruppenvorstände neben dem Gesamtvorstand gewann die Gesellschaft ein neues Profil und entsprechendes Ansehen. Als 1978 Rolf Bind offiziell zum Präsidenten gewählt wurde, übernahm Ludwig Reinhard die Reiterkorpsführung.
Auf 25 Rosenmontagszüge zu Pferd konnte Ludwig Reinhard zurückblicken, als er 1987 sein Amt an Rolf Mathesius übergab. Unter Leitung von Rolf Mathesius, sowie je zwei Mitgliedern der übrigen Altstädtergruppen, wurde nach langer Vorbereitung im Jahr 1990 eine Uniformordnung verfasst, die von da an für jeden Altstädter verbindlich war.
In die Amtszeit von Rolf Mathesius fiel auch der erste Kontakt zur heutigen Altstädter-Regimentskapelle, dem „Musik-Corps Köln-Flittard gegr. 1970 e.V.“. Wie der Zufall es wollte, begegnete das Flittarder Musikcorps ein paar uniformierten Altstädtern an Weiberfastnacht nachmittags auf der Schildergasse in Köln. Einer der Altstädter zog einen Holzdackel hinter sich her, worauf die Musiker spontan „Ein Jäger aus Kurpfalz“ intonierten. Es folgte Beifall und der Austausch von Visitenkarten. Nach der Session besuchten Rolf Mathesius und einige Reiterkorpskameraden die Musiker auf einem derer Probeabende. Langer Rede kurzer Sinn, seit Rosenmontag 1994 begleitet das Flittarder Musikcorps die Altstädter und seit der Session 1995 zusätzlich das Tanzkorps bei einzelnen Auftritten.
So war es denn auch nicht verwunderlich, dass die Regimentskapelle bei der Feier des 70-jährigen Bestehens des Reiterkorps gefordert war, gemeinsam mit dem Altstädter-Regiments-Spielmannszug anlässlich dieser Feierlichkeit den karnevalistischen Zapfenstreich zu spielen. Auch dies gelang und trug zu einem würdigen Rahmen des 70. Geburtstages des Reiterkorps bei.
Als zur Session 2001 die Herausforderung auf die Altstädter zukam, das Kölner Dreigestirn zu stellen, waren es die beiden Reiterkorpskameraden Franz Buchholz, damals auch seit 1999 bereits Reiterkorpskommandant, und Walter Engelmann, die sich spontan für diese tolle Aufgabe für die Altstädter meldeten. Als „Prinz Franz VIII.“ und „Bauer Walter“ mit dem damaligen Tanzkorpsmitglied und heutigen Altstädter-Präsidenten Hans Kölschbach als „Jungfrau Hansi“, waren sie gemeinsam hervorragende Repräsentanten des gesamten Kölner Karneval und nicht zuletzt auch ihres stolzen grün-roten Traditionskorps.
Karneval feiern und reiten, Kameradschaftspflege und soziales Engagement sind damals wie heute beim Altstädter-Reiterkorps eine Selbstverständlichkeit. Ob mit ihrem, vor einigen Jahren ins Leben gerufen und bis heute veranstalteten Golfturnier auf Schloss Auel, dessen Erlös sozialen Zwecken zu Gute kam, oder den Ponytagen, welche vor einigen Jahren gemeinsam mit dem Verein „Dat kölsche Hätz“ für die kleinen Patienten der Uniklinik Köln und der Kinderklinik Amsterdamer Straße durchgeführt wurden, stets galt es anderen eine Freude zu machen. Seinen festen Platz im Jahreskalender der Altstädter und natürlich auch bei den Reitern hat seit 1988 die Senioren-Tagesfahrt jeweils am Samstag nach Aschermittwoch. In den frühen Morgenstunden machen sich dann die Mitglieder des Reiter- und des Tanzkorps sowie des Senats auf den Weg durch die Kölner Stadtteile. Ziel sind diverse Seniorenwohnstätten und Pfarrheime, um die rund 100 älteren Kölner Bürger für einen Tagesausflug dort abzuholen. Man kann ohne Zweifel von einem jährlichen Highlight für die Gäste, wie man auch von den Teilnehmern selbst oft hört, sprechen. Last but not least gehören auch die alljährlichen St. Martinsritte mit dazu, wenn es heißt Anderen zu helfen und eine Freude zu machen. Bevor es im November so langsam mit der neuen Session losgeht sind die Kameraden des Altstädter Reiterkorps noch einmal gefragt. Nicht nur beim St. Martinszug der Kölner-Dom-Pfarre, sondern bei rund 25 Martinszügen in ganz Köln, waren die Altstädter-Martinsreiter in den vergangenen Jahren gerne mit dabei. Das Funkeln in den Augen tausender Kinder ist an diesen Abenden ein großes Dankeschön für die Reiter.
Wie selbstverständlich unterstützen und verstärken die Reiter dann das Altstädter-Tanzkorps bei seinen zahlreichen Auftritten in der Session und pflegen auf diese Weise gleich auch die Kameradschaft zu den übrigen Altstädtergruppen.
Man muss kein Pferdekenner sein oder Ahnung von der Reiterei besitzen, um von der beeindruckenden Präsentation des grün-roten Reiterkorps im Kölner Rosenmontagszug begeistert zu sein. Seit vielen Jahren bereits gehört es mitsamt seinem berittenen Fanfarenkorps zur zweitgrößten teilnehmenden Reitergruppe im Zug.
Was das Reiterkorps der Altstädter an Rosenmontag mit Freude und Stolz präsentiert, ist das Ergebnis einer übers Jahr hinweg konsequenten Trainingsarbeit. Wer als aktiver Reiter den Rosenmontagszug zu Pferd erleben will, muss nicht nur die behördlichen Auflagen, sondern auch die des Festkomitee des Kölner Karneval von 1823 e.V. erfüllen. Hier muss der Nachweis von mindestens 35 Reitstunden in den letzten acht Monaten mit reiterlicher Ausbildung in Dressur und Gelände- oder Jagdreiten nachgewiesen werden. Darüber hinaus wird auch intern die Messlatte hoch angelegt. Nur wer Anfang Dezember auch die korpsinterne Sichtungsprüfung besteht, darf Rosenmontag das Glück der kölschen Erde auf dem Rücken der Pferde erleben und genießen. Wer von den rund 100 Mitgliedern des Reiterkorps am Rosenmontag nicht reiten möchte, für den besteht die Möglichkeit auf einer der, selbstverständlich von Pferdegespannen gezogenen, Kutschen den Zug zu erleben.
Über „Starke Pferde mit starken Nerven“, berichtet vor einigen Jahren der Kölner Stadtanzeiger. Gemeint sind hier die schweren Kaltblüter. Pferde von einem ganz anderen Kaliber als die eleganten, hochbeinigen Pferde der Reiter. 30 dieser genügsamen Pferde sind alljährlich für die oben beschriebenen Fuhrwerke an Rosenmontag im Einsatz. Seit vielen Jahren gestellt vom Pferdehof Biesenbach aus Kürten im Bergischen Land.
Wie bereits beschrieben sind Karneval feiern, reiten und Kameradschaftspflege drei Dinge, die sich hervorragend ergänzen lassen. Denn neben der anspruchsvollen Trainingsarbeit, kommt auch die Geselligkeit nie zu kurz.
So besteht u.a. zur Reitschule Klinken in Mönchengladbach seit Jahrzehnten ein reger Kontakt. Die alljährlichen Besuche dort anlässlich der auch zu Ehren des Mönchengladbacher Prinzen stattfindenden Prinzenquadrille sind immer eine Reise wert. Erst das Reiten und dann die Geselligkeit stehen dort auf dem Programm. Für seine langjährige Gastfreundschaft und hervorragende Unterstützung bei den Kölner Rosenmontagszügen wurde Reitlehrer und Stallbesitzer Hanno Klinken von Reiterkorpskommandant Uli Nockemann 2010 gebührend zum Ehrenmitglied ernannt.
Nach Ende einer Session heißt es auch für die Reiter: „Wer rastet, der rostet!“. Und damit dies nicht geschieht, sorgt das umfangreiche „Sommerprogramm“ für reichlich Unrast. Die regelmäßigen Treffen am Mittwochabend im bergischen Ottoherscheid im „Stall Meurer“ sind bereits legendär. Heinz Meurer sen. hatte bereits 1948 die Ausbildung der Altstädter-Reiter übernommen. Inzwischen ist Sohn Heinz jun. in die Hufstapfen des Vaters getreten.
Bis vor einigen Jahren gehörte der sogenannte Himmelfahrtritt, natürlich an Vatertag, mit zu den Aktivitäten in der karnevalslosen Zeit. Aber auch die übers Jahr verteilten Ausritte durch das Bergische Land und die Reiter-Wochenenden in der Eifel dienen als Training. Zu den Highlights gehören die Reiter-Workshops. So führten diese in den vergangenen Jahren u.a. auf die Nordseeinsel Norderney sowie wiederholt für mehrere Tage in die ungarischen Puszta.
Nach all den Trainingseinheiten wird die erworbene Kenntnis, gepaart mit einem entsprechenden reiterlichen Können, auch auf einigen alljährlich stattfindenden karnevalistischen Reitturnieren gezeigt. Der Erfolg und der Spaß der Reiterkorps des Kölner Karnevals miteinander lässt bei solchen Treffen nicht lange auf sich warten.
Ob Training, Ausflüge oder die Herausforderung der Teilnahme am Höhepunkt einer jeden Session, dem Rosenmontagszug, all dem stehen viel Organisation und Vorbereitung voran. Seit 2010 führt Uli Nockemann, seit 1988 Mitglied des Altstädter-Reiterkorps, als Kommandant die reitende Altstädtergruppe erfolgreich an. Dies tut er gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen, Schriftführer Uwe Redeker und Zahlmeister Thomas Boll.
Mit ihnen wird das Reiterkorps von erfahrenen Korpskameraden geführt. Darüber hinaus stehen ihnen selbstverständlich auch Korpskameradinnen und -kameraden zur Seite wenn es heißt, Treffen, Ausflüge und Veranstaltungen zu organisieren. In früheren Jahren war es der legendäre Reiterball und heute u.a. der alljährliche „Pädsball“ an Karnevalssamstag, das traditionelle Reibekuchenessen und nicht zuletzt der sagenumwogenden, sogenannte Eierlikörabend. Aber auch das Schirrzeug zu pflegen und in Ordnung zu halten, und nicht zuletzt den Uniformfundus zu verwalten, wird von immer hilfsbereiten Reiterkameradinnen und -kameraden gerne übernommen. Die Altstädter-Reiter sind eine der Gruppen innerhalb der Karnevalsgesellschaft der Altstädter Köln 1922 eV und somit ein fester Bestandteil und Garant für eine respektvolle Fortsetzung des über Jahrzehnte erworbenen Ansehens und einer erfolgreichen Zukunft des grün-roten Korps.
Die Zeilen dieses Beitrages geben nur eine kurze Zusammenfassung der Jahre seit 1927 bis heute wider. Zahlreiche im Text nicht genannte Mitglieder haben in dieser Zeit durch ihre Mitarbeit und die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel ihr Reiterkorps und die Altstädter im Allgemeinen unterstützt und somit einen großen Beitrag zu dem geleistet, was die Altstädter heute sind.
In diesem Sinne gilt für das Reiterkorps damals wie heute:
„Dreimol Reiter Hopp-Hopp … en Fründschaff zesamme!“
(Quelle: Pressemitteilung der Altstädter Köln)
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