Am gestrigen Abend veröffentlichte das Festkomitee Kölner Karneval von 1823 e. V. auf seiner Internetseite eine „Mitteilung des Festkomitees zum Kölner Rosenmontagszug“. In dieser Mitteilung, die wir nachstehend im kompletten Wortlaut „abdrucken“, erklärt das Festkomitee, warum man nun doch nicht den so genannten „Charlie Hebdo“-Wagen bauen und im Kölner Rosenmontagszug mitfahren lassen wird.
Mitteilung des Festkomitees zum Rosenmontagszug
Nicht das Festkomitee Kölner Karneval als Organisator des Rosenmontagszugs, sondern die Polizei sowie weitere Sicherheitsbehörden sind wie jedes Jahr hoheitlich verantwortlich für die Sicherung des Kölner Rosenmontagszuges vor gewalttätigen Aktionen. Nach Auskunft hochrangiger Vertreter der Polizei und weiterer Behörden gegenüber dem Festkomitee besteht und bestand keinerlei Risiko für den Kölner Rosenmontagszug, weder für Teilnehmer noch für Besucher – auch ausdrücklich nicht wegen des Charlie-Hebdo-Wagens. Aus diesem Grunde waren bisher auch keinerlei besondere Maßnahmen zur Sicherung von Wagen geplant. Dies wurde heute in verschiedenen Medien falsch dargestellt und verursachte somit Verunsicherung bei einigen Lesern.
Das Festkomitee ist sich seiner Verantwortung sehr wohl bewusst. Daher arbeiten Polizei und andere Sicherheitsbehörden seit Jahren – so auch in diesem Jahr – sehr gewissenhaft und eng mit dem Festkomitee zusammen, um den Kölner Rosenmontagszug fröhlich durch die Stadt zu leiten.
In den Medien wurde heute publiziert, dass Gruppen oder Karnevalsgesellschaften gegenüber dem Festkomitee Ängste geäußert hätten, vor oder hinter dem geplanten „Charlie-Hebdo-Wagen“ zu gehen. Auch das ist schlichtweg falsch. Gegenüber dem Festkomitee wurden solche Ängste nicht kommuniziert. Dies war bis heute nicht der Fall. Das Festkomitee pflegt gerade in dieser Zeit einen sehr intensiven Austausch zu allen Gruppen, die im Zug mitgehen.
Im Gegenteil: Es haben sich zahlreiche unserer Mitgliedsgesellschaften direkt an uns gewandt und sich für die Mitfahrt auf diesem Wagen beworben, um damit ein Zeichen für die Meinungsfreiheit zu setzen.
Das Festkomitee steht zur Aussage dieses Wagens und der demokratischen Abstimmung der Entwürfe sowie zum eindeutigen Votum für den geplanten Wagen. Die Meinungsfreiheit aller ist ein hohes Gut der Demokratie. Der Kölner Rosenmontagszug lebt mit seinen aktuellen Persiflagen diese Meinungsfreiheit jedes Jahr.
Wir sind sehr dankbar über die zahlreichen Rückmeldungen der Menschen zu dem geplanten Wagen. In den sozialen Netzwerken und in den Medien wurde das Thema des geplanten Wagenbaus vielfach diskutiert. Zudem haben uns in den letzten Tagen zahlreiche Rückmeldungen per Email und auf dem Postweg erreicht. Viele Menschen stimmen uns zu und bekräftigen das Vorhaben, ein Zeichen zu setzen. Einige Rückmeldungen haben uns auch von besorgten Bürgern erreicht, die wir sehr ernst nehmen. Der Karneval soll jedoch nicht zu Sorgen führen – vielmehr wollen wir alle gemeinsam unbeschwert feiern.
Wir möchten, dass alle Besucher, Bürger und Teilnehmer des Kölner Rosenmontagszuges befreit und ohne Sorgen einen fröhlichen Karneval erleben. Einen Persiflagewagen, der die Freiheit und leichte Art des Karnevals einschränkt, möchten wir nicht. Aus diesem Grund haben wir heute entschieden, den Bau des geplanten Charlie-Hebdo-Wagens zu stoppen und den Wagen nicht im Kölner Rosenmontagszug mitfahren zu lassen.
Wir bereiten uns weiter mit aller Sorgfalt und Vorfreude auf den Kölner Rosenmontagszug 2015 vor und freuen uns mit allem Jecken auf einen schönen Fastelovend!
Festkomitee Kölner Karneval von 1823
Kommentar der Redaktion:
Das Festkomitee Kölner Karneval von 1823 e. V. macht nun doch einen Rückzieher beim so genannten „Charlie Hebdo“-Wagen! Und dies, obwohl Karnevalisten und Ordnungsbehörden bislang fest der Überzeugung waren, dass der Wagen nicht provoziert und der Wagen kein Ziel für vermeintliche Terroranschläge auf den Rosenmontagszug darstellt. Aber irgendein triftiger Grund muss vorliegen, damit das Festkomitee mitten im Bau des Wagens, dessen Entwurf selbst von islamlischen Verbänden gelobt worden war, nun bekannt gibt, dass der Wagen zurückgezogen wird.
Die mediale Präsenz des Themas war jedenfalls seit der Vorstellung des Entwurfs groß. Vielleicht zu groß? Hat man die mediale Wirkung des Themas unterschätzt? Wäre es vielleicht besser gewesen, den Wagen bis Rosenmontag geheim zu halten und ihn erst bei der Zugaufstellung vorzustellen? Ja, das wäre sicherlich besser gewesen. So hätte man ein Zeichen setzen können, ohne sich vorher um Sicherheitsbedenken Gedanken machen zu müssen. Doch dagegen sprach wohl, dass das Festkomitee sich gerne in den Medien wiederfindet. Und man sich von diesem Thema eine längerfristige bundesweite Medienpräsenz versprach.
Aus Düsseldorf, Mainz und den anderen Karnevalshochburgen in Deutschland hat man bislang nichts von Festwagen gehört, die das Thema der Attentate von Paris aufgreifen sollen. Und es würde uns nicht wundern, wenn gerade im Düsseldorfer Rosenmontagszug ein Wagen genau zu diesem Thema mitfahren würde, der weitaus provokanter sein wird als der nun zurückgezogene Wagen aus dem Kölner Rosenmontagszug! Sollten die Düsseldorfer einen solchen Schachzug erfolgreich umsetzen, werden die Medien am Karnevalsdienstag den Mut der Düsseldorfer Jecken hochloben – und die Kölner wieder einmal für ihre Zurückhaltung belächeln!
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