Home Allgemein Sind Kostümpartys von Karnevalsvereinen steuerbegünstigtes Brauchtum?

Sind Kostümpartys von Karnevalsvereinen steuerbegünstigtes Brauchtum?

Am 30. November 2016 findet vor dem Bundesfinanzhof in München eine, gerade für Karnevalisten wichtige, Berufungsverhandlung statt: Unter dem Aktenzeichen V R 48/15 wird um 14:00 Uhr über ein Urteil aus dem Jahr 2015 verhandelt, in dem es darum geht, ob Kostümpartys in der Karnevalswoche, welche von einem Karnevalsverein veranstaltet wird, als steuerbegünstigtes Brauchtum im Sinne des satzungsgemäßen Zwecks des gemeinnützigen Vereins anzusehen sind.

Um was genau geht es?

Unter dem Aktenzeichen 10 K 3553/13 verhandelte das Finanzgericht Köln einen Rechtsstreit zwischen einer Karnevalsgesellschaft aus dem Raum Köln und dem für den Verein zuständigen Finanzamt. Der gemeinnützige Karnevalsverein veranstaltete seit 1978 jährlich am Karnevalssamstag eine Kostümparty, zu der im Streitjahr nach Angaben des Verein 1.200 Gäste kamen.

Im Rahmen der Bearbeitung der Steuererklärungen 2009 teilte das Finanzamt dem Verein mit Schreiben vom 19.05.2011 und 01.07.2011 mit, dass die Kostümparty aus seiner Sicht eine dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnende Veranstaltung sei und die daraus erzielten Einkünfte bzw. Umsätze der Körperschaftsteuer sowie der Umsatzsteuer zum Regelsteuersatz unterlägen. Der Kläger reichte daraufhin entsprechend der Aufforderung des Beklagten geänderte Steuererklärungen ein, auf deren Grundlage nachfolgend die mit der vorliegenden Klage angegriffenen Bescheide über Körperschaftsteuer 2009 und Umsatzsteuer für 2009 vom 01.02.2012 ergingen.

Mit Schreiben vom 22.02.2012 legte der Kläger jeweils Einspruch gegen die vorgenannten Bescheide ein und begehrte die Zuordnung der Veranstaltung zum steuerbegünstigten Zweckbetrieb des Vereins. Am 29.10.2012 richtete der Kläger ferner eine Petition an den Landtag NRW, mit welcher er seinen Fall vortrug. Das Finanzministerium des Landes NRW nahm hierzu mit Schreiben vom 02.01.2013 Stellung und vertrat die Auffassung, dass bei der Veranstaltung nach den vom Kläger eingereichten Unterlagen und dem von ihm geschilderten Ablauf eindeutig Musik und Tanz im Vordergrund stünden und der Veranstaltung das Gepräge gäben, wohingegen die übrigen Darbietungen nur der Auflockerung dienten. Es handele sich inhaltlich daher um eine dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnende Kostümparty und nicht um die im Bereich des Zweckbetriebs anzusiedelnde Pflege traditionellen Brauchtums. Mit Beschluss vom 04.06.2013 lehnte der Petitionsausschuss des Landtags NRW das Petitionsbegehren des Klägers ab und übersandte dem Kläger eine Kopie der vorgenannten Stellungnahme.

Nach weitergehender Begründung der Einsprüche mit Schreiben des Vereins vom 28.06.2013 wies das Finanzamt diese sodann mit verbundener Einspruchsentscheidung vom 24.10.2013 als unbegründet zurück. Zur Begründung wiederholte das Finanzamt im Wesentlichen die Ausführungen des Finanzministeriums des Landes NRW in dessen Stellungnahme vom 02.01.2013 und nahm vollumfänglich auf diese Bezug.

Mit seiner hiergegen am 27.11.2013 erhobenen Klage macht der Karnevalsverein (Kläger) geltend, entgegen der Auffassung des Finanzamtes (Beklagte) sei die Veranstaltung dem Bereich des steuerbegünstigten Zweckbetriebs zuzuordnen. Zur Begründung bezieht er sich auf die Verfügung der OFD Frankfurt am Main vom 07.08.1991 (S-0184 A – 9 – St II 12) sowie ein Schreiben der OFD Rheinland vom 13.01.2006 und die darin zur Abgrenzung zwischen steuerpflichtigem wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb und steuerbegünstigtem Zweckbetrieb bei Veranstaltungen von Karnevalsvereinen von der Finanzverwaltung aufgestellten Kriterien.

Danach sei zwischen Karnevalssitzungen, geselligen Veranstaltungen und gemischten Veranstaltungen wie folgt zu unterscheiden:

• Bei Karnevalssitzungen handele es sich um Zweckbetriebe, wenn das traditionelle Brauchtum inhaltlich im Vordergrund stehe. Dies sei der Fall, wenn die Veranstaltung durch Darbietungen karnevalistischer Art geprägt sei.

• Davon abzugrenzen seien Veranstaltungen, bei denen nicht die Pflege des traditionellen Brauchtums, sondern die „allgemeine Belustigung oder Unterhaltung“ der Zuschauer oder die „Pflege der Geselligkeit“ im Vordergrund stehe. Dies solle bei reinen Musik- und Tanzveranstaltungen sowie Masken- oder Kostümbällen der Fall sein. Derartige Veranstaltungen seien dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen.

• Bei gemischten Veranstaltungen, die als Bestandteile sowohl Darbietungen karnevalistischer Art als auch Teile der allgemeinen Belustigung oder Unterhaltung oder der Pflege der Geselligkeit beinhalteten, solle es nach Ansicht der Finanzverwaltung für die steuerliche Qualifikation als Zweckbetrieb oder steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb darauf ankommen, welche Veranstaltungselemente der Veranstaltung das Gepräge geben. Maßgeblich sei danach, ob die Veranstaltung überwiegend den Charakter einer Karnevalssitzung oder aber einer Tanzveranstaltung habe.

Bei der streitgegenständlichen Veranstaltung kann man sich über die Einordnung eigentlich nicht streiten (was man aber trotzdem macht): Von den 420 Minuten Gesamtdauer der Veranstaltung listet ein im Urteil des Finanzgericht Köln veröffentlichter Ablaufplan rund 265 Minuten karnevalistisches Programm (Guggemusik, Tanzgruppe, Karnevalsband, Dreigestirnaufzug und Schlagersänger) auf. Dem gegenüber ständen 155 Minuten „Musik aus der Konserve“ und damit verbunden die Möglichkeit zum Tanz für die Gäste.

Trotzdem bleibt das im Urteil des Finanzgericht Köln unterlegene Finanzamt bei seiner Auffassung und zieht vor den Bundesfinanzhof. Und das Verfahren am 30. November wird landesweit mit Spannung erwartet: Denn sollte der Bundesfinanzhof dem Finanzamt Recht geben, so stehen landesweit alle Karnevalspartys im Schussfeld der Finanzämter – denn es macht ja für die Finanzverwaltung einen großen Unterschied, ob man eine Körperschaftssteuer für die Veranstaltung ansetzen darf oder nicht. Und auch die Frage der Umsatzsteuer (ermäßigter Satz mit 7 % oder voller Satz mit 19 %) ist nicht ohne. Im fraglichen Fall geht es, wie die Kölnische Rundschau bereits im Jahr 2013 berichtete, um 30.000 € – für einen kleineren Verein kann dies sehr schnell zu erheblichen finanziellen Problemen führen.

So darf man also gespannt sein, wie Deutschlands höchste Finanzrichter den Streit zwischen dem Karnevalsverein und dem zuständigen Finanzamt entscheiden werden. Am 30. November werden hierfür die Weichen in München gestellt.